
Rotkäppchen und sechs Schritte zum perfekten Storytelling für Dein Unternehmen
Manche Menschen sind begnadete Geschichtenerzähler und können aus jeder Alltagsgeschichte eine unterhaltsame Story stricken. Bei uns funktioniert das leider nicht so fließend, vor allem wenn sich die Geschichten auf unser eigenes Unternehmen bezieht. Also entwickelten wir ein Format, mit dem wir gezielt eine Story aufbauen können, die sowohl uns als auch unsere potentiellen Zuhörer interessiert.
Die meisten Geschichten sind schon da. Sie haben nur keine Form, weil sie noch nie zusammenhängend erzählt wurden.
Hier sind die einzelnen Schritte, mit denen wir unserer Geschichte Form gegeben haben und eine Praxisanleitung direkt zum Ausprobieren.
1. Definiere das Ziel für Dein Storytelling
Die eine Geschichte gibt es nicht. In einem Unternehmen stecken eine Vielzahl von Geschichten. Was wir erzählen, hängt von dem Themenschwerpunkt, dem Anlass und unserem Ziel beim Geschichtenerzählen ab.
Themenschwerpunkte können zum Beispiel sein:
- Wie ist das Unternehmen entstanden?
- Was ist die Mission, auf der ich unterwegs bin, welche Herausforderungen habe ich bewältigt?
- Was können meine Produkte/mein Angebot? Wie retten sie meine Kunden?
Der Anlass bestimmt wiederum, mit welchem Ziel wir unsere Geschichte erzählen wollen:
- Was erzähle ich auf einer Party oder im Freundeskreis, wenn ich einfach Austausch und Anregung suche?
- Möchte ich, das mein Zuhörer die Story wie ein handliches Päckchen mitnehmen und weitererzählen kann?
- Wie überzeuge ich durch meine Geschichte, z.B. bei einem Kundengespräch oder sogenannten „Elevator Pitch“?
- Suche ich Motivation und Identifikation für mich und meine Mitarbeiter, was wir eigentlich den ganzen Tag tun und wohin die Reise gehen soll?
- Möchte ich ein Leitbild für meine Unternehmenskommunikation und Erzählkonzepte für die einzelnen Kanäle entwickeln?
Überlege für Dich einen Themenschwerpunkt und den gewünschten Anlass, Deine Geschichte zu erzählen. Um die eigenen Ziele festzulegen, lohnt es sich aufzulisten: „Was verändert sich, wenn ich die Geschichte optimal erzählen kann?“ Markiere die Punkte, die Dir am wichtigsten sind. Sie stellen den Kompass dar, nach dem sich die ganze weitere Story-Entwicklung richtet. Komme ich mit der Geschichte meinem Ziel näher oder erzähle ich gerade etwas anderes?
2. Mache Dir Deine Geschichte bewußt
Meistens steckt die Geschichte, die wir erzählen wollen, schon in unserem Kopf. Sie ist nur noch nicht strukturiert. Also nimmst Du ein Blatt Papier und stellst Dir vor, Du erzählst die Geschichte Deines Unternehmens so, als ob Du dem neuen Praktikanten davon berichtest, der besten Freundin oder Deiner Oma:
- Wie ist das Unternehmen entstanden?
- Welche Herausforderungen hast Du gemeistert?
- Was ist Deine Mission?
- Was bietest Du an und warum ist Dein Angebot einzigartig?
Und jetzt schreiben, ohne innere Zensur und ohne den Stift abzusetzen. Danach unterstreichst Du die Passagen, die Du am gelungensten findest. Dazu kannst Du den Text auch jemand anderem vorlesen. Worum geht es in dieser Passage – geht es um Freiheit, Kampf, Erfolg, Spaß oder etwas ganz anderes? Große Substantive sind hier hilfreich. Damit hast Du schon mal den groben Handlungsfaden für Deine Geschichte. Bei uns handelt sie zum Beispiel davon, wie wir zu einer Reise ins Abenteuer aufbrechen, um herauszufinden wie sich mit Designmethoden Kreativität und Wachstum entfalten lassen.
3. Gestalte die einzelnen Elemente Deiner Story
Märchen oder Heldenmythen sind die klassische Urform aller Geschichten. Sie sind alle nach einem bestimmten Prinzip aufgebaut. Hier kommt endlich Rotkäppchen ins Spiel.
Klassische Elemente einer Geschichte am Beispiel von Rotkäppchen:
- Thema: Selbstbestimmung, Wachstum durch Grenzerfahrung
- Konflikt: Gehorchen vs. dem eigenen Willen folgen
- Held: Rotkäppchen mit der Großmutter als Co-Heldin und dem Förster als Retter
- Werte: Gehorsam, Unschuld, Vertrauen, Gut und Böse
- Bühne: Der dunkle Wald
Klassischer Aufbau einer Geschichte:
- Der Aufbruch (Rotkäppchen geht mit dem Picknick-Korb in den dunklen Wald)
- Die Herausforderung (Rotkäppchen folgt lieber ihrem eigenen Willen als die Verbote der Mutter zu beherzigen, weicht vom Weg ab und trifft den Wolf)
- Zuspitzung (im Bett der Großmutter hat sich der Wolf eingenistet)
dramatischer Höhepunkt (Rotkäppchen wird im Haus der Großmutter gefressen) - Rettung (in diesem Fall durch den Förster, kann aber auch aktiv durch den eigenen Mut geschehen)
- Abschluß (Rotkäppchen hat etwas gelernt und geht verändert aus dieser Geschichte hervor)
Die klassischen Elemente übertragen wir jetzt auf unsere Unternehmensgeschichte. Dazu hängst Du ein großes Blatt Papier, z.B. von einem FlipChart-Block an die Wand und zeichnest die Felder ein: Thema, Konflikt, Helden, Werte, Bühne. Zu jeden Feld notierst Du Deine Ideen auf Post-its und klebst sie an der entsprechenden Stelle auf.
Thema: Das Thema hilft Menschen, die Geschichte einzuordnen und macht sie für den Einzelnen relevant oder eben nicht. Das hängt davon ab, ob der eigene Erfahrungsschatz angezapft wird. Daher kann das Thema ruhig plakativ und emotional sein – entsprechend der großen Substantive aus Punkt 2 wie Freiheit, Kampf, Erfolg, Spaß. Worum geht es in der Geschichte ?
Konflikt: Ohne Konflikt keine gute Story. Wogegen und wofür kämpfst Du? Was sind die Widerstände? Am Besten faßt Du hier zwei Begriffspaare wie bei einer Kampfansage zusammen, z.B Gewohntes vs. Innovation oder Sicherheit vs. Ungewißheit
Helden: Wer sind die Helden in Deiner Geschichte? Wer ist die Hauptfigur in der Geschichte, der treibende Akteur? Das können z.B. im Unternehmenskontext die Gründer sein oder die Kunden
Werte: Welche Werte machen Dich und Dein Unternehmen aus? Oft lassen sich die Werte aus dem Thema und dem Konflikt ableiten. Lieber wenige, konkrete Werte definieren als zu schwammig zu werden. Unsere Werte sind beispielsweise Neugier, Kreativität und Selbstbestimmung.
Bühne: Wo findet die Geschichte statt? Fing sie vor langer Zeit an oder ist sie ganz neu? Auf welchem gesellschaftlichen Feld spielt sie sich ab? In welcher Umgebung?
Wenn Du diese Felder ausgefüllt hast, kannst Du anfangen, Deine Geschichte durchzuspielen und folgst dabei dem klassischen Geschichtenaufbau. Dazu greifst Du Dir einen Themenstrang heraus und erzählst anhand der Stichwörter auf den Post-its eine mögliche Story. Wichtig ist dabei, zu variieren, verschiedene Themenstränge auszuprobieren und zu schauen, was funktioniert und wann Du das Gefühl hast, jetzt sitzt die Geschichte.
4. Finde die Kernaussage und Deine Mission
Jetzt ziehen wir den Kern der Geschichte als Essenz heraus. Dafür wechseln wir auf eine Metaebene und betrachten unser Unternehmen und die Geschichte aus der Vogelperspektive. Was ist die Aussage, die sich über all Dein Tun schreiben läßt, welchen Standpunkt nimmst Du ein, welche Sicht der Welt beinhaltet Deine Geschichte? Am Anfang können mehrere Sätze stehen, am Besten nicht länger als jeweils sechs Wörter.
Der treffendste Satz wird zur Ausgangsbasis für Deine Mission. Wenn das Dein Standpunkt ist, welche Mission erwächst daraus? Was ist Deine berufliche Bestimmung? Was in der Welt willst Du verändern?
Die Antworten auf diese Fragen zielen jenseits des Beruflichen auch tief in die eigene Identität. Vielleicht tauchen die Antworten dazu nicht sofort auf, sondern erst wenn die Geschichte sich gesetzt hat, vielleicht verändern sie sich auch wieder. Hilfreich kann sein, die Fragestellung eine Zeit lang mit sich zu tragen und zu schauen, was passiert.
5. Baue Dein Repertoire auf
Geschichtenerzähler schöpfen aus ihrem Geschichten-Repertoire. Sie sammeln viele Einzelgeschichten und Anekdoten, die sie dann im passenden Moment platzieren. Wenn Deine Hauptgeschichte steht, kannst Du anfangen, die ganzen kleinen Begebenheiten drumherum auszubauen:
- Welche Kundenstories können in Deine Geschichte einfliessen?
- Gibt es Anekdoten, die Du einbauen kannst?
- Kann Deine Geschichte an aktuelle Ereignisse anschliessen?
- Hast Du in Deinem Leben Erfahrungen gemacht, die besonders gut Deine Unternehmensgeschichte illustrieren?
- Welche Fakten untermauern Deine Geschichte oder stehen auch im Widerspruch dazu?
Mache Dir diese Mini-Stories bewußt, sammele sie und bringe sie bei passender Gelegenheit ein. Bei fachlichen Themen ist es hilfreich, sich eine Sammlung von aussagekräftigen Beispielen anzulegen, z.B. aus Büchern die Du zu dem Thema liest und als anschauliche Geschichten in Deine Erzählung einzustreuen.
6. Fange an zu erzählen
Und jetzt wird es ernst. Die Story sitzt und unweigerlich kommt die Situation, wo Du sie erzählen kannst. Wir hatten am Anfang das Problem, das die ganze Story auf einmal vor unserem inneren Auge auftauchte. Deshalb haben wir uns verschiedene Einstiege zugelegt, an die wir uns je nach Gelegenheit erinnern können und die dann die Geschichte eröffnen.
Das kann z.B. ein besonders interessanter Kunde sein (natürlich anonymisiert) oder etwas, das heute tagsüber passiert ist.
Storytelling ist eine großartige Technik für die eigene Weiterentwicklung und Identität, für geschäftliche und kommunikative Verbindungen mit anderen Menschen. Nutzt Sie für Euch und Euer Unternehmen.
Welche Erfahrung habt Ihr mit Storytelling für Euer Unternehmen gemacht und welche Methoden nutzt Ihr dafür?
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Ein guter Artikel mit vielen wertvollen Anregungen, der das, was viele schon intuitiv machen, greifbarer macht. Danke.