
Meine Lieblingsbücher 2017
Das Jahr neigt sich dem Ende zu und ich liebe die Buchlisten, die zu diesem Anlass veröffentlicht werden. Die Guten unter den Listen wecken in mir Vorfreude und Neugier auf inspirierende Zukunftsmomente. Dieses Jahr knüpfe ich an die Tradition an und stelle meine eigenen Lieblingsbücher aus dem Jahr 2017 zusammen.
Hier kommt der bunte Mix aus Sachbüchern und Belletristik, den ich mit Euch teilen möchte. All diese Bücher haben mich bereichert, erfreut und ein bißchen klüger gemacht.
Reinventing Organizations | Frederic Laloux
In diesem Klassiker der integralen Organisationsentwicklung beschreibt Laloux sehr konkret und anhand vielfältiger Beispiele wie z.B. dem Pflegedienst Buurtzorg in den Niederlanden, wie sich Zusammenarbeit unhierarchisch und ganzheitlicher organisieren läßt. Evolutionär sind wir an einem Punkt angelangt, wo sich die Ansprüche an Arbeit und Unternehmen radikal verändern und damit auch neue Formen der Organisation gefunden werden müssen. Dafür gibt es hier jede Menge Inspiration und Ermutigung.
Design Thinking Playbook | Lewrick, Link, Leifer, Langensand
Eine schön illustrierte Bereicherung für alle, die über das übliche Design Thinking hinaus blicken möchten. Aufgeteilt in drei Kapitel – traditionelle, aktuelle und zukünftige Erfolgsfaktoren – gibt es viele Methoden zum Ausprobieren und Verknüpfungen mit anverwandten Gebieten wie Systemik, AI, Organisationsentwicklung und Future Thinking.
Walden | Henry David Thoreau
Erstaunlich aktuell ist dieser Selbstversuch von 1845 auf der Suche nach größtmöglicher Einfachheit in Zeiten des Zuviel. Großartige Kontemplationen zu Natur, Ökonomie und Autarkheit schreibt Thoreau mit einer inneren Klarheit, die sich vom Lebenswandel der Zeitgenossen beneidenswert unabhängig gemacht hat.
Resonanz | Hartmut Rosa
Dieses umfangreiche Werk ist nicht immer leicht zu lesen und eindeutig das Kind eines Soziologen, aber die Mühen mehr als wert. Auf umfassende Weise analysiert Rosa unser Verhältnis als Menschen zur (Um-)welt durch das Phänomen der Resonanz. Resonanz ist, was uns in Beziehung treten läßt mit allem was da ist. Wir schwingen mit viel oder wenig Intensität, Begehren oder Ängsten. Dieses Schwingen macht die ursächliche Lebendigkeit von Menschen und Gemeinschaften aus – umso wichtiger ist es zu schauen, was in unserer Gesellschaft und auch Arbeit das Schwingen zerstören oder fördern kann.
Lebendigkeit: Eine erotische Ökologie | Andreas Weber
Ähnlich und doch von der Sprache ganz anders ist dieses poetische Buch eines Biologen. Gerade erst damit angefangen, fasziniert es mich bereits ungemein. Erotik ist nicht nur das Sexuelle, sondern alles auf diesem Planeten, was wir berühren, was uns berührt und sich miteinander verbindet. Dieses Verbinden macht uns lebendig, es stiftet alles Leben angefangen von Mineralien bis zu komplexen Ökosystemen. Die Freude und schöpferische Energie, die durch dieses ständige Geben und Nehmen entsteht, können wir sinnlich erfahren, wenn wir uns denn darauf einlassen.
Der Trafikant | Robert Seethaler
Berührend, mitreißend und tief spricht dieses Buch über die Reifung eines jungen Mannes während der Nazizeit in Wien. Wie auch in „Ein ganzes Leben“ macht Seethaler durch seine Charaktere deutlich, was die menschliche Seele sein kann – in ihrer ganzen Einfachheit und Komplexität.
Was auf dem Spiel steht | Philipp Blom
Eine elegante Zeitdiagnose, warum wir gesellschaftlich und global dort sind wo wir sind und warum diese Entwicklung uns aufrütteln sollte, die Dinge zu verändern – sei es in der Demokratie, dem Konsum, der globalen Arbeitsteilung oder der Kommunikation miteinander. Digitalisierung ist der Zaubertrank, der alles beschleunigt, was latent schon angelegt ist und uns auch die Mittel in die Hand gibt, gestaltend einzugreifen.
Ich habe Blom auf dem Digital Bauhaus Summit kennengelernt und war beeindruckt, wie er als Historiker die verschiedensten Facetten des Zeitgeschehens miteinander verknüpfen konnte und dies auf sehr unterhaltsame Art und Weise. Damit wird er ein wenig zum deutschen Pendant von Yuval Noah Harari, womit wir beim nächsten Buch der Liste sind.
Homo Deus | Yuval Noah Harari
Harari ist ein brillanter Historiker und fast schon Prophet. Das Buch ist entsprechend ein ganz schöner Klotz – ich lese es nur kapitelweise, um das Ganze dann erstmal sacken zu lassen. Die darin enthaltenen Szenarien für eine völlig der Digitalisierung und Technologie unterworfenen Zukunft sind fesselnd und inspirierend. Möchte ich so leben? Was ist daran erstrebenswert und was ist Horror? Gibt es Alternativen? Sehr diskursanregend.
Lieb und teuer | Ilan Stephani
Buchempfehlung von Ingrid Scherübl
Ilan Stephani hat ein faszinierendes Buch geschrieben, das viele Tabus anrührt. Ihre eigene Tätigkeit als Prostituierte ist der Aufhänger, um einen anderen Blick auf Sexualität zu werfen. Insbesondere geht es ihr um einen verfehlten Kontakt zwischen Menschen, der käuflichen Sex nicht nur einem Millionengeschäft macht, sondern auch zu einer offenbar unverzichtbaren kulturellen Erscheinung in unserer Gesellschaft. Kaum eine Person treffen mehr eindeutige Projektionen als eine Frau, die sich für Sex bezahlen lässt. Ilan Stephani stellt sich all diesen Vorurteilen klug und zeigt uns, was es heißt anders zu denken. Ich fand die Lektüre horizonterweiternd und empfehle sie als eine Übung darin, gedanklich über eine mögliche erste Abwehr hinaus zu wachsen.
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Ich freue mich über Ergänzungen zu dieser Kollektion! Welche Bücher haben Dich im letzten Jahr erfreut und inspiriert?